| Abgefangene Postsendungen & Auskünfte von Postdienstleistern

Wissenswertes

Abgefangene Postsendungen & Auskünfte von Postdienstleistern

Kurztipps

Drogenbestellungen im Darknet/Internet

Immer wieder kommt es zu Ermittlungsverfahren aufgrund von Bestellungen von Betäubungsmitteln im Darknet/Internet. In vielen Fällen beruhen diese Verfahren letztlich nur auf einer ermittelten Adresse des Empfängers auf einer abgefangenen Postsendung oder Bestelllisten eines hochgenommenen „Marktplatzes“.

Aber auch Waffen, Falschgeld, kinderpornografische Schriften oder gestohlene bzw. gefälschte Ausweisdokumente werden im Darknet gehandelt.

Abgefangene Pakete

Beim Drogenkauf im Internet ist zwar der Bestellprozess oft anonymisiert, aber spätestens der Versand der Betäubungsmittel erfolgt in der analogen Welt.

Oft werden Ermittlungsverfahren eingeleitet, weil ein Paket abgefangen wird. In vielen Fällen ist ein dabei der Absender des Paketes nicht ersichtlich, wohl aber der Empfänger. Gegen die Adressaten bzw. Empfänger des Paketes wird dann ein Ermittlungsverfahren wegen des Vorwurfs des Verstoßes gegen das Betäubungsmittelgesetz eingeleitet (§ 29 BtMG), was bei einer Verurteilung zu empfindlichen Strafen führen kann.

Postgeheimnis, Art. 10 GG

Die Post muss gem. Art. 10 GG grundsätzlich das Postgeheimnis wahren und darf keine Informationen über Absender oder Empfänger und Inhalt einer Postsendung an Dritte weitergeben. Das Postgesetz regelt einige wenige Ausnahmen von diesem Grundsatz. Danach dürfen Postmitarbeiter unzustellbare Pakete öffnen, um Hinweise auf die Empfänger oder Absender zu erhalten und den Inhalt beschädigter Pakte sichern. Soweit von Gegenständen aber keine unmittelbare körperliche Gefahr für die Mitarbeiter ausgeht – wie es bei Betäubungsmitteln der Fall ist -, dürfen und müssen Postmitarbeiter keine Meldung an die Strafverfolgungsbehörden geben.

Vorlagepflicht nach § 39 Abs. 4a PostG

Seit Inkrafttreten des § 39 Abs. 4a PostG am 18. März 2021 sind Postdienstleister verpflichtet, den Strafverfolgungsbehörden jedoch eine Postsendung unverzüglich zur Nachprüfung vorzulegen, wenn hinreichende Anhaltspunkte dafür bestehen, dass mit der Postsendung eine strafbare Handlung begangen wird. Der Straftatenkatalog umfasst insbesondere den unerlaubten Handel mit Betäubungsmitteln.

Die Post darf jedoch ein Paket nur öffnen und sich Kenntnis über dessen Inhalt verschaffen, um

  • den Inhalt beschädigter Postsendungen zu sichern,
  • den Empfänger oder Absender einer unanbringlichen Postsendung zu ermitteln,
  • körperliche Gefahren abzuwenden, die von einer Postsendung für Personen und Sachen ausgehen.

Der Verdacht, in einem geschlossenen Paket würden sich (beispielsweise wegen des Geruchs) Drogen befinden, rechtfertigt das Öffnen nicht.

Beweisverwertungsverbot

Wir vertreten daher seit langem die Auffassung, dass das Öffnen eines Pakets bei Verdacht auf einen illegalen Inhalt durch einen Postmitarbeiter und die anschließende Weitergabe an die Polizei oder Staatsanwaltschaft rechtswidrig ist, einen Verstoß gegen das Postgeheimnis gem. Art. 10 GG darstellt und auf diesem Weg erlangte Betäubungsmittel einen Beweisverwertungsverbot unterliegen, sodass diese nicht gegen den Beschuldigten verwertet werden dürfen.

Mittlerweile haben sich erste Gerichte unserer Auffassung angeschlossen.

Das Amtsgericht Flensburg hat beispielsweise am 27.02.2023 entschieden, dass der Inhalt einer Postsendung, welche unter Verstoß gegen die Vorschriften des PostG in die Hände der Ermittlungsbehörden gelangt ist, als Beweismittel im Strafverfahren grundsätzlich unverwertbar ist (AG Flensburg, Beschluss vom 27.02.2023 - 480 Gs 261/23 108 Js 6330/23, BeckRS 2023, 4370).

Kundendaten - Auskunftsverlangen nach § 99 Abs. 2 StPO

Am 1. Juli 2021 trat § 99 Abs. 2 StPO in Kraft. Danach können Ermittler von Postdienstleistern Auskünfte über Postsendungen verlangen, die an den Beschuldigten gerichtet sind, von ihm herrühren oder für ihn bestimmt sind. Die Auskunft umfasst u.a. Namen und Anschriften von Absendern, Empfängern und, soweit abweichend, von denjenigen Personen, welche die jeweilige Postsendung eingeliefert oder entgegengenommen haben. Die nach § 41 b Abs. 2 PostG bei dem Postdienstleister gespeicherten Ausweisdaten sowie die ohnehin gespeicherten Zahlungsinformationen bei der Nutzung von EC- und Kreditkarten für die Postdienstleistung, können über § 99 Abs. 2 StPO allerdings (noch) nicht abgefragt werden.

Kein Tatnachweis zu führen

Gerade in solchen Fällen ist Schweigen Gold wert.

Die Ermittlungsbehörden können meist nicht mit hinreichender Wahrscheinlichkeit nachweisen, dass der Beschuldigte selbst das betreffende Paket bestellt hat und er tatsächlich der Empfänger sein sollte.

Wie bereits mehrere Gerichte festgestellt haben, kommen „Kunden“ bei Betäubungsmittelgeschäften im Internet häufiger auf die Idee, Paketsendungen auf andere Personen zu bestellen, um diese dann abzufangen.

Durch eine frühzeitige anwaltliche Stellungnahme zur Beweislage und ggf. zur Verwertbarkeit eines abgefangenen Drogenpakets lässt sich oft die Einstellung des Verfahrens erreichen.

Fachanwalt für Strafrecht Kolivas

Bundesweite Strafverteidigung