Smartphones stellen für Ermittlungsbehörden oft das „ultimative Beweismittel“ dar. Zur Herausgabe eines Passworts oder PINS ist der Beschuldigte eines Strafverfahrens aufgrund der Selbstbelastungsfreiheit bekanntlich nicht verpflichtet. Smartphones sind regelmäßig aber (auch) über biometrische Verschlüsselungsmethoden (Gesichtserkennung, Fingerabdruck) gesichert.
Neuerdings kommen Polizeibeamte öfter auf die Idee, das Smartphone eines Beschuldigten – gegen seinen Willen – durch das Auflegen seines Fingers oder durch das Vorhalten vor sein Gesicht zu entsperren.
Ist dies zulässig? Nein!
Die Strafprozessordnung (StPO) rechtfertig ein solches Vorgehen nicht.
§ 81a StPO & § 81b StPO
Ungeachtet dessen sind die Strafverfolgungsbehörden in der Praxis dazu übergegangen, die Voraussetzungen des § 81a StPO (Körperliche Untersuchungen) bzw. die Voraussetzungen des § 81b StPO (Erkennungsdienstliche Maßnahmen beim Beschuldigten) auf gerade diese Fälle entsprechend anzuwenden. Nach einem weiten Verständnis soll der biometrische Fingerabdruck gemäß § 81b StPO nicht bloß angefertigt, sondern auch – etwa zum Entsperren eines Smartphones – verwendet werden dürfen.
Zwar erlaubt § 81b StPO Lichtbilder und Fingerabdrücke des Beschuldigten auch gegen seinen Willen aufzunehmen und Messungen sowie ähnliche Maßnahmen an ihm vorzunehmen, aber nur insoweit es für die Zwecke des Strafverfahrens auf die Feststellung körperlicher Merkmale, die Identifizierung der betroffenen Person oder zum Vergleich mit bereits vorliegenden Erkenntnissen abzielt. Die Fixierung eines Körperteils zur Entsperrung einer biometrischen Verschlüsselung ist demgegenüber eine grundlegend andersartige Maßnahme, die auch mit der Selbstbelastungsfreiheit nicht vereinbar ist.
Davon geht auch der Bundesgerichtshof (vgl. BGHSt 34, 39 (44 f.)) aus, der die Vorschrift als Grundlage für solche Identifizierungsmöglichkeiten begreift, die der Feststellung der körperlichen Beschaffenheit dienen. Den Ermittlungsbehörden ist es danach gestattet, „das Aussehen, Körperteile und -merkmale sowie sonstige für die Individualität einer Person signifikante ‚dauerhafte Persönlichkeitsgegebenheiten‘ […] auch gegen seinen Willen zu fotografieren, vermessen oder in anderer Weise registrieren, um durch einen Vergleich mit bereits vorliegenden Erkenntnissen feststellen zu können, ob sie auf den Beschuldigten als Täter hindeuten.“
Strafverteidiger: Beweisverwertungsverbot
Mangels Rechtsgrundlage und in Anbetracht der willkürlichen Umgehung des Vorbehalts des Gesetzes muss es daher bei einer zwangsweisen biometrischen Entsperrung in der Praxis zu einem Verbot der Verwertung der vom Smartphone kopierten Daten führen.