| Musikstrafrecht - Strafbarkeit des Gangsterrap

Wissenswertes

Musikstrafrecht - Strafbarkeit des Gangsterrap

Kurztipps

Die spezielle Thematik des Musikstrafrechts spielt eine immer größer werdende Rolle. Künstler und Musiker, insbesondere aus dem Bereich des Hip-Hop und des Gangsterraps, sehen sich immer häufiger aufgrund Ihrer Musik strafrechtlichen Ermittlungsverfahren ausgesetzt.

Nach der Verleihung des Musikpreises Echo 2018 wurden durch die Staatsanwaltschaft Düsseldorf Ermittlungsverfahren gegen die Rapper Kollegah und Farid Bang wegen ihrer Songtexte eingeleitet. So erging es auch im Jahr 2013 den Rappern Bushido & Shindy sowie im Jahr 2008 Blokkmonsta, Uzi & Schwartz des Berliner Labels „Hirntot“ durch die Staatsanwaltschaft Berlin. Auch gegen weniger bekannte Musiker werden immer wieder Ermittlungsverfahren eingeleitet.

Gegenstand der musikstrafrechtlichen Ermittlungsverfahren sind zumeist Vorwürfe der Beleidigung (§ 185 StGB), der Volksverhetzung (§ 130 StGB) oder der Bedrohung (§ 241 StGB) durch in Songs getätigte Äußerungen. Das gängige Stilmittel des „Dissens“ wird dabei einer strafrechtlichen Prüfung unterzogen. Außerdem werden immer häufiger Musikvideos durch die Staatsanwaltschaften dahingehend geprüft, ob sie den Straftatbestand der Gewaltdarstellung (§ 131 StGB) erfüllen.

Kurzüberblick der einzelnen Straftatbestände:

  • Beleidigung (185 StGB)

Wegen Beleidigung nach § 185 StGB wird grundsätzlich bestraft, wer ehrverletzende Äußerungen gegenüber einer Person oder über eine Person äußert. Der Tatbestand ist dabei sehr weit gefasst und ist im Bereich des Gangstterrap sehr schnell erfüllt.

  • Volksverhetzung (§ 130 StGB)

Wegen Volksverhetzung nach § 130 Abs. 1 Nr. 1 und 2 StGB wird bestraft, wer in einer Weise, die geeignet ist, den öffentlichen Frieden zu stören, (1.) gegen eine nationale, rassische, religiöse oder durch ihre ethnische Herkunft bestimmte Gruppe, gegen Teile der Bevölkerung oder gegen einen Einzelnen wegen seiner Zugehörigkeit zu einer vorbezeichneten Gruppe oder zu einem Teil der Bevölkerung zum Hass aufstachelt, zu Gewalt- oder Willkürmaßnahmen auffordert oder (2.) die Menschenwürde anderer dadurch angreift, dass er eine vorbezeichnete Gruppe, Teile der Bevölkerung oder einen Einzelnen wegen seiner Zugehörigkeit zu einer vorbezeichneten Gruppe oder zu einem Teil der Bevölkerung beschimpft, böswillig verächtlich macht oder verleumdet.

  • Bedrohung (§ 241 StGB)

Wegen Bedrohung nach § 241 Abs. 1 StGB wird bestraft, wer ernstlich einen Menschen mit der Begehung eines gegen ihn oder eine ihm nahestehende Person gerichteten Verbrechens bedroht.

  • Gewaltdarstellung (§ 131 StGB)

Wegen Gewaltdarstellung nach § 131 StGB wird bestraft, wer grausame oder sonst unmenschliche Gewalttätigkeiten gegen Menschen in einer Art schildert, die eine Verherrlichung oder Verharmlosung solcher Gewalttätigkeiten ausdrückt oder die das Grausame oder Unmenschliche des Vorgangs in einer die Menschenwürde verletzenden Weise darstellt.

„Dissen“ als Stilmittel

Tabubrüche gehören zum Hip-Hop und zum Gangsterrap wie Helene Fischer zum Schlager oder die Gitarre zum Rock. Durch den Gebrauch von meist vulgären Sprache, homophober und sexistischer Textpassagen sowie der Thematisierung von Kriminalität, Sex und Drogen, versuchen Rapper zumindest sich Respekt in der Szene zu verschaffen und ein starkes Auftreten zu demonstrieren. Seit etwa 2013 geht der Trend allerdings verstärkt dahin, auch andere Künstler und Personen des öffentlichen Lebens in Songtexten namentlich anzugreifen. Das „Dissen“ und das „Boasting“ sind jedoch seit jeher die prägenden Stilmittel der Kunstform des Rap.

Alles Kunstfreiheit?

Ist das „Dissen“ von anderen Personen und die Verherrlichung von Gewalt daher strafbar, oder fällt dies alles unter den Begriff der Kunstfreiheit?

Der Kunstbegriff ist stark umstritten. Die Rechtsprechung wendet den sogenannten materiellen Kunstbegriff an. Demnach ist all das Kunst, in dem Eindrücke, Erfahrungen und Erlebnisse des Künstlers zum Ausdruck kommen. Dies ist hier wohl der Fall, da die Rap-Musik oftmals eigene Erlebnisse und vor allem Meinungen und Beurteilungen aus der eigenen Sichtweise des Sängers & Songschreibers beinhaltet. Die Erstellung des Songtextes, Produktion von Musik und einem Musikvideo fallen daher grundsätzlich unter die Kunstfreiheit nach Art. 5 Abs. 3 S. 1 GG.

Die Kunstfreiheit endet jedoch dort, wo die Menschenwürde verletzt sein könnte. Hier kommt vor allem eine Kollision mit dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht aus Art. 2 Abs. 1 S. 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG in Betracht. Die Gerichte müssen dabei die kollidierenden Grundrechte gegeneinander abwägen. Dies hat auch im Strafverfahren erfolgen. Dabei muss in jedem Einzelfall geschaut werden, wie die beiden kollidierenden Grundrechte die größtmögliche Wirkung erreichen können.

Strafverteidigung im Musikstrafrecht

Sofern strafrechtliche Vorwürfe erhoben werden, ist in einem ersten Schritt zu prüfen, ob der Tatbestand des jeweiligen Strafgesetzes überhaupt durch eine vorsätzliche Handlung erfüllt ist. Ist dies der Fall, ist in einem zweiten Schritt zu prüfen, ob die strafbare Handlung nicht unter die Kunstfreiheit fällt.

Werden gegen Sie strafrechtliche Vorwürfe erhoben, steht Ihnen Rechtsanwalt Kolivas grundsätzlich bundesweit zur Verfügung und übernimmt Ihre Verteidigung.

Doch auch im Vorfeld kann es sinnvoll sein, einen versierten Strafverteidiger den Songtext oder das Musikvideo prüfen zu lassen, um strafrechtliche Risiken zu identifizieren und bei Bedarf zu korrigieren. Absolute Diskretion ist dabei selbstverständlich.

Indizierung

Neben einer strafrechtlichen Verfolgung droht auch immer die Indizierung des Songs oder des ganzen Albums durch die Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Medien (BPjM).

Die Indizierung soll Jugendliche davor schützen, dass sie von radikalen Inhalten negativ beeinflusst werden. Aus diesem Grund dürfen Titel, die auf dem Index stehen, nicht mehr an Jugendliche verkauft werden und im Handel nicht mehr öffentlich ausgelegt und nur an Kunden ab 18 Jahren auf Nachfrage nach dem entsprechenden Titel abgegeben werden. Außerdem darf für die Titel nicht mehr in Medien geworben werden, die Jugendlichen zugänglich sind.

Auch wenn die Indizierung durchaus ein Marketinginstrument sein kann, beschränkt es die Vermarktung des betreffenden Titels sehr. Wir stehen Ihnen daher auch für verwaltungsrechtliche Verfahren gegen die BPjM zur Verfügung, um die Indizierung aufheben zu lassen.